Hauptinhalt
 
Einzelansicht
10.10.2025
Torsten Schalow am Rednerpult
Bild 1: Landesfachbereichsleiter Torsten Schalow führte in die Veranstaltung ein
2 Herren beim Auswuchten
Bild 2: Christian Quell (li.) und Carsten Gernhoff demonstrierten per Kamera und Versuchsaufbau den Ablauf des Auswuchtens vor Ort
Person stellt Längenadditionsmethode vor
Bild 3: Sebastian Arens stellte in Sachen korrekter Riemenspannung zunächst die Längenadditionsmethode vor

Wissen erweitern – Kontakte pflegen

Das alljährlich stattfindende Gesellenseminar der Elektromaschinenbauer im Landesinnungsverband wurde auch in diesem Jahr wieder in Oldenburg im Bundestechnologiezentrum für Elektro- und Informationstechnik e. V. (BFE) abgehalten. Fast 60 Teilnehmer fanden sich ein, um bei den drei Vorträgen über Schwingungsanalysen, mobiles Auswuchten und Riemenantriebe ihr Wissen zu erweitern.

Lebenslanges Lernen ist für viele kein »nice to have«, sondern für ihr berufliches Weiterkommen essenziell. Dazu kommt der fachliche Austausch unter Kollegen und die Möglichkeit, das individuelle Netzwerk zu erweitern. All das bietet das Tagesseminar zu einem vergleichsweise geringen Preis.

Nachwuchssorgen und neue Wege der Ansprache

Landesfachbereichsleiter Torsten Schalow eröffnete das Seminar (Bild 1) mit einem kurzen Bericht aus dem Verband. Dabei wurde deutlich: Die Zahl der Auszubildenden im Bereich Elektromaschinenbau ist rückläufig. Auch bei der Weiterbildung gibt es »Lücken«: Während aktuell noch 15 Meisterschüler am BFE eingeschrieben sind, liegen für das Jahr 2026 bislang nur sehr wenige Anmeldungen vor. Um dem entgegen­zuwirken, setzt der LIV verstärkt auf Nachwuchswerbung, über die wir zu einem späteren Zeitpunkt noch ausführlicher berichten werden.

Schwingungsanalysen und deren Nutzen

Im ersten Vortrag führten Carsten Gernhoff und Christian Quell von E + A Elektrotechnik und Aggregatebau in die Welt der Schwingungsanalysen ein. Sie erklärten grundlegende Begriffe wie Amplitude, Frequenz und Periodendauer und zeigten, wie sich Schwingungen in Maschinen messen und interpretieren lassen. Dabei wurden verschiedene Sensorarten vorgestellt – vom Weg- über den Geschwindigkeits- bis hin zum heute gängigen Beschleunigungsaufnehmer.

Ein zentrales Thema war die Auswahl geeigneter Messpunkte, die sich in der Regel an den Lagerstellen befinden. Besonders betont wurde in diesem Zusammenhang, dass die Sicherheit der Mitarbeiter dabei oberste ­Priorität hat. Auch die Montage der Sensoren – etwa mit Magneten oder Schraubverbindungen – wurde praxisnah erläutert.

Zur Bewertung der Messergebnisse stellte Christian Quell Methoden wie das »Trending« (Sammeln von Messdaten zur Erkennung von Veränderungen), Einzelmessungen bei Störfällen und die Analyse von Lagerzuständen vor. Besonders anschaulich war die Erklärung der »Überrollfrequenz« bei Lagerschäden sowie der Einsatz des Hüllkurven­spektrums zur Fehlerdiagnose.

Mobiles Auswuchten − Präzision vor Ort

Im zweiten Vortrag ging es um das mobile Auswuchten – eine Disziplin, die viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl erfordert. Christian Quell erklärte, wie Unwuchten entstehen können – etwa durch beschädigte Riemenscheiben, fehlende Schrauben oder verschlissene Pumpenlaufräder – und welche Auswirkungen sie auf Maschinen haben. Besonders eindrücklich war der Hinweis, dass sich die Fliehkraft bei doppelter Drehzahl vervierfacht – ein klarer Appell an die Bedeutung präziser Auswuchtung.

Anhand eines Live-Demonstrationsaufbaus zeigten die Referenten, wie das Auswuchten vor Ort abläuft (Bild 2): von der ersten Messung über das Anbringen eines Testgewichts bis hin zur Berechnung und Mon­tage des finalen Wuchtgewichts. Auch die sogenannte »4-Run-Method« wurde vorgestellt, bei der aus einem Initiallauf und drei Testläufen ein optimaler Korrekturwert ermittelt wird.

Riemenantriebe − kleine Details, große Wirkung

Den Abschluss bildete ein Vortrag zum Thema Riemenantriebe, gehalten von Sebastian Arens (Optibelt GmbH) und in Zusammenarbeit mit der Knust Gruppe, die durch Christoph Rippe vertreten wurde. Riemen­antriebe sind bewährte Systeme zur Dreh­momentübertragung zwischen Motor und Arbeitsmaschine. Sie ermöglichen eine elastische Verbindung, reduzieren Stoßbelastungen und bieten konstruktive Flexibilität bei der Übersetzung. Im Maschinenbau kommen sie bevorzugt bei Lüftern, Pumpen, Kompressoren und Fördertechnik zum Einsatz überall dort, wo wartungsarme und kosten­effiziente Antriebslösungen gefragt sind.

Arens erläuterte, wie sich der Wirkungsgrad eines Riemenantriebs durch Faktoren wie Schlupf, Temperatur und Ausrichtung beeinflussen lässt. Ziel ist eine Laufzeit von 25 000 Stunden für einen neu montierten Riemen – ein Wert, den derzeit nur etwa 20 % der Antriebe erreichen. Umso wichtiger sind die korrekte Montage, regelmäßige Kontrolle sowie eine präzise Vorspannung.

Besonders praxisnah war die Vorstellung verschiedener Messmethoden (Längenaddition und Frequenz) zur Riemenspannung (Bild 3). Diese ist entscheidend für die Kraftübertragung und die Lebensdauer des Antriebs. Eine zu geringe Spannung verursacht Schlupf und erhöhten Abrieb, eine zu hohe belastet Lager und Wellen. Die Spannung wird idealerweise mit einem Riemenspannungsmessgerät (z. B. »Optibelt TT«) kontrolliert und gemäß Herstellerangaben eingestellt. Die Frequenz eines per Hand in Schwingung versetzten Riemens dient als Ausgangsgröße für den zu ermittelnden Messwert. Diese Herangehensweise birgt den Vorteil, dass sich sehr genaue Messungen auch an schwer zugänglichen Stellen realisieren lassen. 

Fazit – Fachwissen trifft Gemeinschaft Das Gesellenseminar zeigte einmal mehr, wie wichtig praxisnahe Weiterbildung ist. Die Mischung aus fundierten Fachvorträgen und kollegialem Austausch macht die Veranstaltung zu einem festen Termin im Kalender vieler Elektromaschinenbauer. Wer hier teilnimmt, investiert nicht nur in sein Wissen, sondern auch in die Zukunft des Handwerks. 

Autor: Marcel Diehl, Redakteur der Zeitschrift »ema – elektrische Maschinen«, Hüthig Verlag Heidelberg
Quelle: alle Bilder Redaktion »ema«

 

Sie möchten Mitglied werden? Schreiben Sie uns: info@kh-bielefeld.de oder rufen Sie uns an: (05 21) 5 80 09-0